Gedenkstein für Wladymir Lirka und Trofin Balaban enthüllt

Am vergangenen Freitag, 19. April, wurde zur Erinnerung an die grausame Hinrichtung zweier junger ukrainischer Zwangsarbeiter im 2. Weltkrieg ein Gedenkstein enthüllt. Der Zeitpunkt war bewusst gewählt: Das Verbrechen nationalsozialistischer Funktionäre vom 19. April 1944 jährte sich an diesem Tag zum 80. Mal. Nun erinnert in der Nähe des Hinrichtungsortes am Waldrand jenseits der Autobahn ein Gedenkstein mit Bronzetafel an das begangene Unrecht.
Um die Organisation der Veranstaltung hatten sich der Bürgerverein und die Initiative Stolpersteine gekümmert und trotz des stürmischen und nasskalten Wetters waren etwa 75 Menschen der Einladung gefolgt, darunter auch Vertreter des Gemeinderats, der Stadtverwaltung und des Robert-Bosch-Gymnasiums.
Um 11 Uhr setzte sich der Zug vom Parkplatz Lehmgrüble zum Gedenkstein in Bewegung. Vor Ort begrüßte Bürgermeister Steffen Weigel die Anwesenden, dankte den Beteiligten für die Organisation und betonte die Bedeutung des Gedenksteins als Zeichen übernommener Verantwortung für die eigene Geschichte. Gerade in einer Zeit wie der unseren, in der es zunehmende Bestrebungen gibt, das Unrecht der NS-Zeit zu verharmlosen und vergessen zu wollen, sei es wichtig, die Erinnerung wachzuhalten und zu verstehen: „Nie wieder“ ist „jetzt“.
Wolfgang Zorn, Hauptorganisator der Initiative Stolpersteine, dankte den Teilnehmenden für ihr Kommen und schilderte die Umstände von Hunger und Not in der Ukraine, unter denen die beiden jungen Männer damals während des Krieges nach Wendlingen am Neckar kamen. Konrad Steinert, der umfassend zu Wladymir Lirka und Trofin Balaban recherchiert hatte, gab interessante Einblicke in Hintergründe der Zwangsarbeit hier. Er berichtete, dass aufgrund fehlender und vernichteter Unterlagen zum Ende des Krieges heute schwer nachvollziehbar ist, wie viele Zwangsarbeiter/-innen tatsächlich eingesetzt waren – vermutlich deutlich mehr als die etwa 300, deren Namen wir kennen. Steinert zeichnete die Ereignisse rund um die Exekution von Lirka und Balaban nach und erklärte, dass die damals beteiligten NS-Schergen für ihre Tat trotz mehrfacher Untersuchungen und Verfahren nicht zur Rechenschaft gezogen wurden.
Frank Reiner repräsentierte mit der Fa. Heinrich Otto und Söhne (HOS) ein Wendlinger Unternehmen, das in begrenztem Umfang in der Textilproduktion Zwangsarbeiter/-innen eingesetzt hatte. Ein großes Unrecht, führte er aus und erklärte, wie Zwangsarbeit immer eine eklatante Verletzung der Menschenrechte bedeutet. Er erinnerte daran, wie viele verschleppte Männer, Frauen und Kinder in Industrie, Handwerk und Landwirtschaft Zwangsarbeit verrichten mussten und wie viele dabei ihr Leben und ihre Würde verloren – so wie Wladymir Lirka und Trofin Balaban. Eindrücklich erinnerte er an Artikel 1 unseres Grundgesetzes „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ und schloss mit den Worten „Wir haben heute Wladymir Lirka und Trofin Balaban etwas von ihrer Würde zurückgegeben.“
Musikalisch wunderbar begleitet wurde die Veranstaltung durch die ukrainischen Musikerinnen, Maryana Kühn und Olga Lutkovska. Sie musizierten auf der Bandura, einem außergewöhnlichen Zupfinstrument aus der Ukraine. Zu den berührenden Klängen dieser Lautenzither sangen beide traditionelle Lieder aus ihrer ukrainischen Heimat.
Der vor Ort verteilte Flyer zum Gedenkstein „Gegen das Vergessen“ liegt auch im Rathaus aus. Hier finden Sie weitere Informationen, ebenso auf der Seite des Bürgervereins www.buergerverein-wendlingen.de oder über den abgebildeten QR-Code.

Das 's Blättle als PDF

Hier finden Sie die Ausgaben des Blättle als PDF-Dateien zum Herunterladen:

2024
2023
2022
2021
2020
2019
2018
2017
2016
2015
2014

eBlättle